Wäre Wein nicht so gut für die Gesundheit!!! Es würde wohl keinen Grange geben.
Der englische Arzt, Dr. Christopher Rawson Penfold, war von der gesundheitsfördernden Wirkung von Rotwein überzeugt. Sicher hörte man im viktorianischen England viel über Australien. Aber sicher nichts über einen dortigen Weinanbau. Wie so viele andere Briten sahen auch die Penfolds Ihre Zukunft Down Under. Auf ihrem Weg nach Australien über Frankreich sammelten sie Rebstecklinge ein, um in diesem wohl unkultivierten Land ohne Wein diesen zu erzeugen. Um den Menschen Gutes zu tun. Gut gemacht, Chris!!
Zusammen mit seiner Frau Marie pflanzte Christoper Rawson 1844 die ersten Reben und gründete so eine einmalige Erfolgsgeschichte. Seine "Medizin" kam bei den "Australiern" bestens an und Penfolds Weinanbau wuchs und wuchs. Ende des 19. Jahrhunderts war Penfolds der größte Weinerzeuger Australiens. Die Weine?? Nicht die, die wir heute kennen. Zur damaligen Zeit wurden beinahe ausschließlich Weine im Stile von Port und Sherry PX erzeugt. Zeitsprung. In den 1940er Jahren wurde ein Max eingestellt. Schubert sein Nachname. Schnell stieg er zum Chief Winemaker auf. Jeffrey Penfold Hyland, der damalige Chef auf Penfolds, schickte seinen Max 1950 nach Europa, um viel über die Erzeugung bester Portweine und Sherries zu erfahren. Ob geplant oder nicht, Max Schubert verbrachte einige Zeit in Bordeaux. Und was er dort kennen-, schätzen und lieben lernte, ließ ihn nicht mehr los. Trockene Rotwein, im Barrique ausgebaut und mit großem Lagerpotential. Solche Weine gab es in Australien nicht. Noch nicht. Warum eigentlich nicht??
Zurück in seinen Weinbergen und Kellern, suchte er nach Rebsorten mit dem geeigneten Potential für solche Weine. Cabernet gab es nicht. Aber Shiraz. Weine von großem Potential, wie Max spürte. Bisher aber mit Alkohol versetzt und als "Port" deklariert. Max Schubert experimentierte und erzeugte seinen Wein, den er Grange nannte, nach dem ersten Haus des Gründerehepaares. Bei der Vorstellung seines Weines, voller und voll großer Hoffnungen, wurde Max jedoch bitter enttäuscht. Der Wein fiel bei den Entscheidern von Penfolds und weiteren Kritikern durch. Mit solchen Weinen, welche Aromen von Barriques hatten und trocken ausgebaut waren, hatte man keine Erfahrung. Jeffrey Penfold Hyland glaubte an Max und den Grange und ließ seinen Winemaker im "Geheimen" weiter an diesem Wein arbeiten. Vielleicht änderte sich der Geschmack. Vielleicht wurden die Weine besser. Aber bei einer neuen Verkostungsrunde von Grange Anfang der 60er Jahre erhielt dieser größtes Lob und zahlreiche Anerkennungen folgten schnell. Der Grundstein für Penfolds, als Premium-Weinerzeuger mit seinem Icon Grange, war gelegt. Jeffrey Penfold Hyland traf nicht immer solch weitsichtigen und erfolgreichen Entscheidungen. Penfolds musste unter ihm verkauft werden. Aber die jeweils neuen Besitzer bis hin nun zu Treasury wussten und wissen um ihr Juwel, den Grange, und änderten am Konzept nichts. Quality first.
1989 kam ein damals junger Engländer zu Penfolds. Ein ehemaliger Lehrer. Vorsicht! Zuerst war er für die Sekterzeugung zuständig. Aber schnell erkannte man sein Talent und Gespür für große Weine. 2002 wurde er Chief Winemaker auf Penfolds. Und ist es bis heute. Unter seiner "Weinherrschaft" wurden viele große Weine kreiert und der Grange erzielte höchste Bewertungen bis 100 Punkte bei Parker.
Mehrfach habe ich Peter Gago in den letzten 20 Jahren getroffen. In Stuttgart, in Karlsruhe, in Baden-Baden, in München, in London und in Paris. Mal saßen wir nebeneinander und manchmal lauschte ich nur seiner Präsentation. Aber immer war ich beeindruckt von der Begeisterung für seine Weine und seiner Philosophie.
Mit Penfolds begann das Interesse von Nina und mir für australische Weine. Und Penfolds wird stets ein wichtiger Erzeuger in unserem Portfolio sein. Ja, Penfolds ist ein großer Laden. Erzeugt Premiumweine vom Feinsten und einfache, aber stets gute "cash cows". So wie bei Lafite (Legend, Saga, u.a.m.) oder Mouton (Mouton Cadet, u.a.m.) auch. Wer das Potential hat, Weine wie diese großen Premier Crus zu erzeugen oder einen Grange, Yattarna oder Bin 707, der kann mit diesem Wissen auch günstige Weine erzeugen. Und was uns hier in Australien überall begegnete, ist die tiefe Verbundenheit zur eigenen Tradition und die Verwendung teilweise immer noch sehr alter Kellergerätschaften. Vor allem die offenen Gärbottiche (7 tons) sieht man noch sehr häufig. Und die fanden wir auch bei Penfolds auf der Magill Estate. In vollem Einsatz. Penfolds ist eine moderne Kellerei mit großen Visionen. Aber arbeitet vor allem bei den Spitzenweinen in tiefer Demut und dem Respekt vor der Tradition und der Gründerfamilie Penfold. Manche werfen dem Grange vor, dass er zu klassisch, zu traditionell wäre. Peter Gago ist der Gralshüter der Vision von Max Schubert. Gut so, Peter!!
Ich hatte schon mehrfach das Erlebnis, ältere Jahrgänge an Grange zu verkosten. Zurück bis 1970. Dass diese immer noch großartig waren, ist vielleicht weniger überraschend. Aber ich hatte auch schon häufig "einfachere" Penfolds im Glas, die bereits 10 ,15 oder mehr Jahre hinter sich hatten. Noch keiner hat mich je enttäuscht. Im Gegenteil. Zuletzt den erstaunlichen 2004 Kalimna Bin 28 als einen der ersten Weine im Magill Restaurant von Penfolds.
Ach ja, die ganzen BINs. Alle diese Nummern haben eine Bedeutung. In welchem Keller der Wein lagerte, wie viele Versuche es gebraucht hat, bis man den perfekten Wein hatte, etc.
Also ich BIN hier etwas lost. Und ich frage mich manchmal, wenn man Peter Gago mitten in der Nacht wecken und ihn nach den Details seiner BINs fragen würde, ob er da gleich wüsste, welcher Wein es ist. Vermutlich schon. Er war ja zuerst Lehrer. Mathe. Da hat man das mit den Zahlen drauf. Aber Hauptsache er weiß weiterhin, wie man so großartige Weine erzeugt.
Michael Severin Grimm