
Also wenn sich das rechnen soll, müssen wir 10 Jahre lang Giaconda verkaufen. Und zwar größere Allokation als die paar Flaschen, die wir erhalten. Echt crazy. Aber so sind wir halt. Ankunft am Flughafen Melbourne am späten Nachmittag. Auto abgeholt und sofort knapp zwei Stunden Richtung Norden gefahren. Einmal übernachtet und am nächsten Morgen nochmals knapp zwei Stunden in dieselbe Richtung. Alles nur wegen einem Ziel. Wegen einem Mann. Wegen einem Wein. Wegen Rick Kinzbrunner und dem Chardonnay Giaconda. Und das ganze natürlich dann auch wieder zurück. Ich sag’s ja. Crazy, die Grimms.
Aber was wir führen, wollen wir kennen. Auch wenn wir nur ein paar Flaschen Zuteilung erhalten. In meinem Weinhändlerleben habe ich schon viel gesehen und viel erlebt. Aber den Termin mit Rick? Möchten ich auf keinen Fall missen. Ein echter Charakter. Mehr Buschmann und Einsiedler als klassischer Besitzer eines Weinguts. Und stellt man sich so den Weinmacher vor, der einen der begehrtesten Chardonnays der Welt erzeugt? In vielen Restaurants haben wir den Namen Giaconda später fallen lassen. Die Sommeliers haben alle nur gelacht oder die Stirn in Falten gelegt. Ja, es soll diesen großen Wein geben. Aber bekommen tun sie nichts.
Moueix in Bordeaux ist nicht gerade bekannt dafür, andere Weine als Bordeaux und die eigenen Kalifornier, Dominus und Ulysses, zu führen. Man ist hier sehr traditionell. Christian und Edouard schauen sich den "Beyond Bordeaux" Zirkus, welcher mit September- und Springreleases eine beinahe unüberschaubare Vielfalt an großartigen und spannenden Weinen auf den Markt bringt, erst einmal an. Umso erstaunter waren wir im letzten Jahr, als wir eine Offerte für einen australischen Chardonnay erhielten. Giaconda. Nie gehört. Aber wenn Moueix den anbietet, muss es was ganz Besonderes sein. Natürlich haben wir unsere Zuteilung genommen. Dann kamen die Bewertungen und das Postfach lief beinahe über vor Anfragen. Wir mussten flaschenweise zuteilen. An die wenigen Glücklichen, die überhaupt zum Zuge kamen.
Und als wir unsere Reise nach Australien planten, stand fest, "Kinze" mussten wir besuchen.
Bei unserem Besuch erzählte uns Rick dann natürlich auch seine Geschichte. Eigentlich war er klassischer Ingenieur. Aber ausgestattet mit großer Liebe zum Wein. Er setzte ein Studium der Oenologie in Davis, Kalifornien, drauf und arbeitete im Napa Valley (Stag’s Leap, Simi oder Matanzas Creek) und in Bordeaux. Und hier in den Kellern der Châteaux von Moueix. Belair, Trotanoy oder auch Petrus. Nun wird vieles klar. Daher die Nähe zur Familie. Daher der Vertrieb über Moueix.
Nach seiner Rückkehr nach Australien arbeitete Rick zunächst für ein Weingut als zweiter Kellermeister. 1980 konnte er Rebflächen im Norden von Victoria erwerben. In der Nähe von Beechworth. Und 1982 kam sein erster Wein in die Flasche. Rick wird heute von seinem Sohn Nathan unterstützt und gemeinsam erzeugen Sie nicht nur den eben legendären Chardonnay, sondern auch Pinot Noir, einen ganz großartigen Roussanne und einen spannenden Nebbiolo. Alle diese Weine werden komplett von Australien absorbiert. Naja. 4 ha und 2500 Kisten Wein. Von dieser Qualität.
Wir verbrachten einige Stunden mit Rick. Der Weinbergsmanager brachte zwischendurch einen Eimer voll Pinot Noir Trauben. Wir standen zusammen, kauten auf Schalen und Kernen und Nina und ich lauschten dem spannenden Dialog der beiden, wie lange man die Trauben in dieser Lage noch hängen lassen sollte. Für die perfekte Balance aus Frucht, Tanninen und Säure.
Ich? Drei Jahre Lehre als Winemaker und 5 Jahre Studium der Oenologie. Wir mussten den Lesezeitpunkt im Labor ermitteln. Rick kaut Trauben. Man lernt nie aus. Gut so.
Wir verließen Rick und Nathan mit großen Augen, Ohren und Eindrücken. Und einer Flasche 2023er Chardonnay Giaconda. Release ist im April. Die Ärmel sind hochgekrempelt. Ich werde kämpfen.
In Adelaide konnten wir einige Tage später in einer Weinbar eine letzte Flasche Roussanne entdecken. Klar mussten wir den verkosten. Ich bin ja schon ein Riesenfan vom Chardonnay. Aber nun auch noch vom Roussanne. So großartig!! Und an den? Kommen wir erst gar nicht ran.
Michael Severin Grimm

