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Die neue Welt kann kommen: Bodegas Chacra Patagonien
Weine der sogenannten „neuen Welt“ wie aus Südafrika, Chile oder auch Argentinien müssen sich schon lange nicht mehr hinter Klassikern aus Frankreich oder Italien verstecken. Vor allem nicht, setzen ihre Önologen doch auf ausschließlich hochwertigste Reben, biologischen Anbau, sorgfältigste Auslesen und sorgsame Kelterung. So wie Piero Incisa della Rocchetta, der Eigentümer der Bodegas Chacra Patagonien. Nicht ohne Grund hat er sein 2004 erworbenes Weingut so betitelt. Sind Chakren in Südamerika zwar auch Finkas, nimmt der Name auch Bezug auf die Lehre vom Obstanbau, so sind sie nach der indischen Heilslehre gleichzeitig lebensbedeutende Energiezentren. Alles ist im Fluss, alles gehört zusammen: So auch Mensch und Natur, und für Piero Incisa della Rocchetta zählen dazu nicht zuletzt Ernährung und Wein. Entsprechend setzt der erfahrene Winzer aus Italien auf biodynamischen und ökologischen Weinbau. Statt Kunstdünger, Pestiziden und Herbiziden werden den Reben bester Kompost, Gemüse- und Mineralpräparate zugesetzt. Eine weitere Besonderheit: Der Aussaat- und Pflanzkalender wird nach dem Stand der Sterne ausgerichtet, die Ernten werden ausschließlich per Hand in den kalten frühen Morgenstunden von Ende Februar bis Anfang März vorgenommen.
Doch der Reihe nach. Kam Ihnen der Name Piero Incisa della Rocchetta irgendwie bekannt vor? Vielleicht deshalb, weil es sich bei ihm um keinen geringeren als den Enkelsohn Mario Incisa della Rocchettas handelt, für dessen italienischen Cabernet-Blend „Bolgheri Sassicaia“ im vergangenen Jahrhundert sogar eine eigene Sub-DOC gegründet wurde. Aufgewachsen auf dem toskanischen Familienweingut Tenuta San Guido, liegt Piero Incisa della Rocchetta Weinanbau sozusagen im Blut. Doch statt Europa sollte es Patagonien werden. Der Teil Patagoniens, dessen ganzer Stolz noch im Jahr 1964 rund 2400 Hektar mit Pinot Noir bepflanzte Weinberge waren – bis sie 1990 nur noch gut 230 Hektar zählten. Sein Ziel: Eben diesem Pinot Noir aus dem Rio Negro-Tal durch nachhaltigen Anbau und aufmerksame Kelterung zur erneuten weltweiten Bekanntheit zu verhelfen.
Gefunden hat Piero den idealen Platz für seine Bodegas Chacra Patagonien im nördlichen Rio Negro Valley, einer Wüstengegend auf rund 220 Metern über dem Meeresspiegel, halbwegs zwischen dem Atlantik und den Anden. Aufgrund der in Millionen von Jahren durch Gletscher entstandene Schwemmbetten zeigen sich die Böden des uralten Flussbettes voller Kalkstein, Sand und Ton, angeschwemmten Kieselsteinen, saurem, sandigem Lehm und mit einer besonders hohen Eisenkonzentration. Sämtliche Reben der Bodegas Chacra Patagonien sind sogenannte „fran de peid“-Reben und damit unveredelt und ausschließlich aus eigenen Wurzeln gepflanzt. Die ältesten wurden bereits 1932 gesetzt, ihr folgten Traubenstöcke von 1955, 1967 und 1990.
Auch das trockene Klima ist einzigartig. Die tagsüber oft sehr hohen Temperaturen fallen in der Nacht um bis zu 40 Grad Celsius. Von den Anden blasen teils starke Winde, Regen fällt äußerst selten. Dennoch wurde auf der Bodegas Chacra Patagonien der künstlich zugesetzte Wasserverbrauch enorm reduziert, statt auf eine Flut- setzen die Verantwortlichen in Hinblick auf ihre nachhaltige Bewirtschaftung auf Tröpfchenbewässerung.
Für seinen Pinot Noir arbeitet Piero Incisa della Rocchetta seit 2014 mit Gabriele Graia zusammen, zwei Jahre später holte er sich für seinen Chardonnay den französischen Önologen Jean-Marc Roulot mit ins Boot. Neben den insgesamt 23 Hektar Pinot Noir- sowie 16 Hektar Chardonnay-Weinbergen laufen die Anpflanzungen für einen weiteren Hektar Trousseau. Die Produktion ist allerdings noch nicht abgeschlossen.
Mit Absicht halten die Kenner ihre jeweiligen Erträge niedrig. So werden die natürlichen Fruchtkonzentrationen der Trauben erhöht und die Qualität der Weine auf ein neues Level gehoben.
Doch neben Böden, Klima und Ernte spielt sich die wahre Könnerschaft der Winzer im Keller ab. Mit minimalem Eingriff bei unter 20 Grad Celsius in einheimischen Hefen fermentiert, werden die Weine im Anschluss in burgundischen Eichen- oder kleinen runden Zementfässern mit geringer Tiefe und großer Breite gelagert, die vom Eigentümer der Bodegas liebevoll mit „Bentleys“ betitelt werden. Die Abfüllung geschieht ohne Filtration, um eine perfekte Natürlichkeit zu gewährleisten.
Die Bodegas Chacra Patagonien produziert in erster Linie für den argentinischen Markt, exportiert einige ihrer besonders edlen Tropfen aber auch nach Europa.