Beaux Frères Vineyards – von Schwägern und Champagner

Nicht, dass Sie sich von der Überschrift irritieren lassen: Wir stellen Ihnen mit dem Beaux Frères kein Champagnerhaus vor, sondern ein klassisches Weingut. Wobei: klassisch vielleicht auch nicht wirklich, denn Michael Etzel gilt als Pionier der Pinot Noir-Herstellung im US-amerikanischen Oregon – ein Pionier allerdings, der sich statt auf Zukunftsfantasien auf Traditionen besinnt. Und damit kommen wir das erste Mal zum Champagner, denn nach einem Jahr Reifung im Holzfass auf der vollen Hefe, ohne Schwefelzusatz und ohne Bewegung und in einem Keller ohne jede moderne Technik schäumen die Weine der Beaux Frères Vineyards, sobald Sie sie öffnen und ins Glas gießen. Der Grund: Als Oxidationsschutz statt Schwefel dient den Weinmachern Kohlenstoffdioxid – und das muss ja irgendwo hin entweichen.

Doch eigentlich besteht die Verbindung zum perlenden Schaumwein aus der gleichnamigen Anbauregion in Frankreich in der Tatsache, dass der kreative Winzer seit 2017 sein Weingut zusammen mit seinem Sohn nur noch führt, aber nicht mehr besitzt. Denn vor aktuell fünf Jahren hat er es an das Familienunternehmen Maisons & Domaines Henriot verkauft – und vielleicht haben Sie diesen Namen ja schon einmal gelesen: auf Etiketten von Champagnerflaschen zum Beispiel …

Französische Reben mitten in Oregon

Doch der Reihe nach. In Oregon hat Michael Etzel schon immer gelebt, seine ersten Weinreben setzte er im Jahr 1987 – direkt auf seiner knapp 90 Hektar umfassenden Farm in der Nähe der Kleinstadt Newberg. Doch nicht etwa aus Bequemlichkeit – für Pinot Noir gilt das kühle Klima in dem an der Westküste gelegenen Bundesstaat als optimale Wachstumsvoraussetzung, und Pinot Noir-Trauben mussten es sein für den Fan der beliebten Burgundersorte.

Aufgeteilt in zwei Anbauflächen sind rund 24 von insgesamt 30 Hektar auf mineralischen Willakenzie-Böden und auf gut 120 Meter Höhe über dem Meeresspiegel zum Großteil mit der Rotweintraube, aber auch mit Chardonnay-Rebstöcken bepflanzt. Mit ihrer Ausrichtung nach Süden, Südosten und Südwesten erhalten die wurzelechten Pommard- und Wadenswil-Klone wie auch die etwas jüngeren Weißwein-Klone aus Dijon tagsüber genau die volle Sonneneinstrahlung, in der sie so wunderbar gedeihen. Im Jahr 2000 erweiterte das Beaux Frères seine Anbaufläche um neun weitere Hektar für Pinot Noir auf dem etwas höher und etwas weiter gen Norden gelegenen Upper Terrace Vineyard.

Geringe Erträge für vollen Geschmack

Seit 2007 hat sich das Weingut der biologisch-dynamischen Landwirtschaft verschrieben. Nach und nach wurden chemische Mittel zur Förderung von Wachstum und zur Düngung durch natürliche ersetzt. Kompostiert wird noch vor Ort, der Jahreszyklus beginnt immer wieder mit den identischen Abläufen: Mitten im Winter werden die in einer Dichte von etwa 7500 Pflanzen pro Hektar angeordneten Reben Anfang Januar erstmals geschnitten und die gewünschte Fruchtrute gewählt. Gemäß der sogenannten Single-Guyot-Methode werden die einzelnen Traubenstöcke jedes Rebstocks gut 60 Zentimeter über dem Boden horizontal gebunden, die Böden selbst zum Atmen aufgebrochen und mit natürlichen Zusatzstoffen angereichert.

Bekanntheit mit Absicht verschwiegen

Dass die so differenzierten und innerhalb der USA als „primus inter pares“ bekannten Weine der Beaux Frères Vineyards für so lange Zeit ein absoluter Geheimtipp blieben, ist der Schwester Michael Etzels zuzuschreiben – oder besser: ihrem ehemaligen Ehemann, niemand Geringerem als Robert Parker. Zu Beginn sogar in geringem Maße mit von der Partie, soll sich der weltweit bekannten Weinkritiker geschworen haben, aufgrund der verwandt-schaftlichen Verhältnisse und stillen Teilhabe zunächst nicht über das Estate in Oregon zu berichten. Dennoch setzte ihm Michael Etzel 1991 nach der Fertigstellung seines ersten Weinkellers mit der Namensgebung des Weingutes ein Denkmal: „Beaux Frères“ heißt im Französischen „Schwäger“. Und damit wären wir auch schon wieder bei der Überschrift – für den Fall, dass Sie anfangs irritiert waren …