Die Rebsorte - Merlot
Weltweit gibt es nur drei Edeltrauben: Cabernet Sauvignon, Pinot Noir – und Merlot. Innerhalb des Bordeaux sind nur sechs Rebsorten für die so deklarierten Weine zugelassen: Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Carménère, Malbec, Petit Verdot – und Merlot.
Fest steht weiterhin, dass sein Name auf die französische Vokabel „merle“ zurückgeht, was sich ins Deutsche mit Amsel übersetzen lässt. Ob allerdings die Vorliebe der Tiere für die süßlichen Beeren oder das dunkel glänzende Federkleid der Vögel für die Namensgebung der ebenfalls fast schwarzen Früchte verantwortlich ist, ist umstritten.
Herkunftsbestätigung durch DNA- und DNS-Analysen
Umstritten war lange Zeit auch die genaue Herkunft der heute weltweit so beliebten Traube. Ihre Ursprünge sollen im Médoc liegen und bereits auf das 14. Jahrhundert zurückgehen. Damals allerdings wurde die Rebsorte noch „Crabatut Noir“ genannt, der heutige Name lässt sich nur bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen. Viele weitere Jahre allerdings mussten vergehen, ehe die Abstammung des Merlot geklärt werden konnte. Dank einer DNA-Analyse 1999 ließ sich zunächst Cabernet Franc als Vater feststellen, 2009 wurde mittels eines DNS-Verfahrens auch die Mutterschaft aufgeklärt. Die Magdeleine Noire des Charentes galt bis dahin über lange Zeit als ausgestorben, erst 1992 wurde eine vereinzelte Rebe in der Bretagne wiederentdeckt. Durch seine Eltern ist der Merlot auch mit dem Malbec, Cabernet Sauvignon und Carménère verwandt. Mit letztgenannter Traube besteht die größte äußere Ähnlichkeit – ein Grund, weshalb diese wiederum bis in die 1970er-Jahre als eine Variante des Merlot und keine eigenständige Rebsorte galt.
Ups und Downs
Es begann erfolgversprechend: Aufgrund ihrer Widerstandsfähigkeit gegen den echten Mehltau-Befall und ihrer preisgünstigen Anbaumöglichkeiten stieg die Merlot-Rebe im 19. Jahrhundert schnell in der Gunst der Winzer, verdrängte große Flächen des Malbec und genoss überregionale Popularität. Bis zu ihrem Schicksalsjahr 1956, als eine ungewöhnlich starke und späte Frostperiode das Ende für zahlreiche Merlot-Rebstöcke bedeutete. Noch schlimmer: Die darauf folgenden Wiederanpflanzungen schlugen fehl, und schließlich verbot die damalige Regierung zwischen 1970 und 1975 sogar grundsätzlich sämtliche Neuanpflanzungen. Die Nachwirkungen hielten an: In einem anerkannten Wein-Almanach aus den 1980er-Jahren ist Merlot nicht als bedeutende regionale Rebsorte mit aufgeführt.
Und selbst das war noch nicht alles. Mit dem Filmstart des Roadmovies „Sideways“ aus dem Jahr 2004 gelangte die Traube zwar zu Berühmtheit, doch nicht im positiven Sinne. Denn die Titelfigur wettert in einer Szene explizit gegen den Rotwein und veranlasste daraufhin sogar einige Winzer, ihre Merlot-Reben gegen alternative Sorten auszutauschen.
Aber gut Ding will ja bekanntlich Weile haben. Und so erlebt Merlot mit seiner geringen Anfälligkeit gegen Peronospora seit einigen Jahren einen rasanten Aufschwung – nicht nur in Frankreich, sondern rund um den Globus. Unter anderem ist dies seiner Vielfältigkeit geschuldet, denn abhängig vom Klima und Boden erfreut die rote Beere mit unterschiedlichsten Aromen. Und eignet sich entsprechend auch perfekt als Cuvée-Partner.
Geschmack? Terroir-abhängig
Grundsätzlich gelten Merlots als trockene Weine mit einem samtigen und fruchtigen Abgang, einem mittleren bis vollen Körper und niedrigem Säuregehalt. Die schwarzen Früchte sind leicht würzig und werden mit dem Alter weicher.
Doch was genau Ihren Geschmackssinn betören wird, ist abhängig vom Anbaugebiet und der Kellerarbeit der Winzer. Denn aufgrund ihrer Anspruchslosigkeit in Bezug auf den Boden wächst Merlot so gut wie überall. Er wird sowohl rechts der Garonne in Saint-Émilion oder Pomerol auf schwereren Lehmböden gepflanzt, wie auch am linken Bordeaux-Ufer auf einem tiefgründigen, Wasser speichernden Terroir.
Selbst eine weite Temperaturspanne ist für Merlot grundsätzlich kein Problem. Er wächst sowohl in kühlen, wie auch in warmen Regionen. Nur zu heiß dürfen die Böden nicht werden – dann bereitet selbst die insgesamt eher anspruchslose Rebe ihren Winzern Probleme.
Und wo liegen nun die Unterschiede? In den kälteren Anbaugebieten reifen die Beeren langsamer, entwickeln erdige Noten, weniger Körper und zeigen sich insgesamt filigran. Die Erträge sind hier grundsätzlich kleiner als auf wärmeren Anbauflächen. Ihr niedriger Tanningehalt freut darüber hinaus vor allem Weißweintrinker. Ein Grund, weshalb diese Merlots im englischen Sprachraum auch als „Easy Reds“ bekannt sind.
Merlot-Reben in wärmeren Klimazonen zeigen mehr Tannine, sind fruchtbetonter und haben in der Regel einen höheren Alkoholgehalt. Sie werden in kleinen bis mittelgroßen Eichenfässern ausgebaut und zeigen Anklänge von Kakao, Schokolade und Zedernholz.
Sortenreine Merlots der Spitzenklasse gibt es nicht häufig – wenn, dann gedeihen sie auf den sandigen, eisenhaltigen Ton-Kiesböden des Bordelais. So wie der reinsortige Petrus des gleichnamigen französischen Chalets, den Sie in der Regel für einen vierstelligen Eurobetrag erwerben können und der damit als der teuerste Bordeaux-Wein weltweit gehandelt wird.
Sensible Trauben und ihre Vor- und Nachteile
Ganz so einfach zu kultivieren ist Merlot dennoch nicht. Denn während die walzenförmigen, locker verzweigten, runden Trauben an den Merlot-Rebstöcken recht groß werden, bleibt ihre Schale dünn. Langanhaltende Regenperioden können so schnell zu Fäulnis führen. Auch sind sie dadurch besonders empfindlich gegen Grauschimmelfäule. Einmal von der Botrytis cinerea befallen, bleibt den Winzern oft nur die Wahl zwischen Pest und Cholera: Einem aufwendigen Laubschnitt für eine optimale Belüftung oder eine intensive Nutzung von Pflanzenschutzmitteln.
Bereits die jungen Blätter der Merlot-Reben sind fünflappig ausgeprägt. Zu dieser Zeit sind sie noch weißflammig überzogen, nach und nach färben sie sich in ein dunkles Grün. Die offene Triebspitze der mittelgroßen, ungleichmäßig gezähnten Blätter ist wollig behaart und zeigt rötliche Ränder. Die Stielbucht öffnet sich in einer U-Form.
Deutschland ist erst im Kommen
Die weltweite Anbaufläche von Merlot beträgt fast 267.000 Hektar. 115.000 von ihnen und damit die meisten entfallen auf Frankreich. Damit ist sie in der Grande Nation die derzeit am häufigsten angebaute Rebsorte. Doch auch Norditalien und Spanien, die USA sowie Australien und Chile können sich mit fünfstelligen Hektarzahlen rühmen. Deutschland ist davon noch ein wenig entfernt… Hier beträgt die Bepflanzung mit Merlot knapp 620 Hektar – und die Versuche, hochwertige Rotweine aus den Trauben zu produzieren, sind lokal teilweise sogar umstritten.
Perfekter Partner
Sie gelten als das Traumduo im Bordeaux: Cabernet Sauvignon und Merlot, die sich aufgrund ihrer Gegensätzlichkeit kongenial ergänzen. Und sie ergänzen sich nicht nur auf den Weinbergen, sondern auch in der Flasche. Der weiche Merlot stellt einen perfekten Kontrapunkt zu dem tanninhaltigen Cabernet dar und wird daher besonders häufig mit dieser Traubensorte verschnitten. Doch auch mit Cabernet Franc und anderen gerbstoffhaltigen Rotweinen bildet Merlot großartige Blends. In Italien wird Merlot häufig den Supertoskanern zugesetzt oder sogar sortenrein gekeltert – so wie der Kultwein Masseto aus Bolgheri. In Einzelfällen wird Merlot auch für Roséweine verwendet, und einen Merlot Blanc gibt es auch. Die französische Weißweinsorte wächst ebenfalls im Bordelais, allerdings in sehr geringen Mengen.
Auch ein ästhetischer Genuss
Junge Merlots sind noch von heller Farbe, später verwandeln sie sich in ein tiefes Rubinrot. Am Glasrand erkennen Sie häufig einen dunkel-orangenen Schimmer. Und welches Glas sollten Sie nutzen? Optimalerweise ein bauchiges Bordeaux-Glas. Mit ihnen gelangt der Wein automatisch an den hinteren Gaumen, an dem Sie besonders intensive Aromen schmecken können. Zudem lassen sich die Gläser perfekt schwenken und belüften den Wein zusätzlich, den Sie allerdings zuvor bereits 20 bis 30 Minuten vor dem Servieren dekantieren sollten. Die ideale Trinktemperatur liegt beim Merlot bei kühlen 14 bis 16 Grad Celsius, die Sie durch zwei Stunden im Kühlschrank erreichen. Und apropos Kühlschrank: Sollten Sie nicht die gesamte Flasche auf einmal leeren, dann können Sie Ihren Merlot problemlos für weitere vier Tage verkorkt im Kühlschrank lagern und genießen. Danach hingegen beginnt er zu oxidieren. Doch auch das ist kein Grund, ihn zu verschwenden. Für Rotweinsoßen lässt er sich auch später noch immer hervorragend verwenden.
- Oh look! It's wine o`Clock! -
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